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(Oriolus oriolus)


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Rhein Zeitung

DJ findet den Weltklang im Westerwald

Mal ehrlich: Vogelkunde gehört nicht gerade zu den Hobbys, die Jungs für Mädchen attraktiver machen. Schon gar nicht in einer Szene, in der besonders Kecke sich mit T-Shirt - Aufdrucken wie "Ich kenn den DJ" am Türsteher eines angesagten Klubs vorbeizumogeln versuchen.

Einer aber hat es geschafft, mit seiner Leidenschaft Ornithologie weltweit zu den Angesagtesten der Techno - Szene zu gehören: der Westerwälder DJ Dominik Eulberg.

Wenn er zu Hause im Westerwald ist , begibt Dominik Eulberg (29) sich gern auf die Pirsch nach Rhythmen und Geräuschen. Ausgerüstet mit Fernglas, Mikrofon und MP3-Rekorder durchstreift er Wald und Wiesen auf Fang nach Tierstimmen oder Naturgeräuschen. Die mixt er zu Klangbildern und Rhythmus - Collagen, denen er Namen wie "Stelldichein des Westerwälder Vogelchores" oder "Hecht im Karpfenteich" verpasst. Die Frage, ob ein Naturfreund mit solchen Bekenntnissen in der Techno - Szene landen kann, stellt sich für Eulberg nicht: Auf Raves und in Klubs zwischen Osaka, Mailand und St. Petersburg liegen ihm die Techno - Anhänger zu Füßen. Für sein Album "Heimische Gefilde" hat er im vergangenen Jahr den Deutschen Schallplattenpreis erhalten.

Wir treffen Eulberg in seinem Studio in Meudt (Westerwaldkreis). Draußen ist es schon dunkel und Eulberg gerade aufgestanden. Als DJ, der zwei bis drei Auftritte wöchentlich in internationalen Techno - Klubs absolviert, ist er daran gewöhnt, die Nacht zum Tag zu machen. Im Studio, das er in Kreativpausen zum Schlafen nutzt, hängen ausgestopfte Tiere an den Wänden. "Die sind von meinem Opa, der war Jäger", erklärt Eulberg und brüht sich zum Wachwerden erst mal einen Tee.

Schon immer der Meinung, dass sich Ihre Hobbys Ornithologie und Techno - Musik gut vertragen?

Ich bin in der Natur zu Hause, sie ist meine größte Inspirationsquelle. Wenn ich bei Sonnenuntergang an einem See sitze, und die Vögel zwitschern nochmal ihr Bestes - genau dieses Gefühl versuche ich in meiner Musik umzusetzen. Zugegeben: Titel wie "Gasthof zum satten Bass" klangen für Plattenfirmen zunächst nicht gerade sexy. Aber zum Glück ließ mich mein Label "Traumschallplatten" einfach immer machen.

Wie sind Sie aus der heimischen Natur in die synthetische Techno - Welt geraten?

Für Musik habe ich mich eigentlich nie so richtig interessiert. Bis ich 1992 zum ersten Mal im Radio die "HR 3-Clubnight" mit Sven Väth hörte. Das war sowas ganz anderes. Ich konnte mir zunächst gar nicht erklären, wo diese Geräusche eigentlich her­kommen. In meiner naturwissenschaftlichen Neugier kaufte ich mir einen Synthesizer, um das Geheimnis dieser Klänge zu ergründen. Damit begann ich, Techno zu machen.

Teilen Ihre Fans inzwischen Ihre Liebe zur Natur?

Es passiert schon, dass die mir Fotos von Vögeln oder anderen Tieren schicken und fragen, was das ist. Übrigens gibt es ja durchaus archaische Bezüge zwischen dem 4/4-Rhythmus des Technos und afrikanischen Stammesgesängen oder auch dem ersten Geräusch, das der Mensch überhaupt hört: dem Herzschlag der Mutter. Wenn Raves (Techno - Konzerte, Anm. der Red.) in freier Natur stattfinden, steigert das das Musikerlebnis der Leute. Es fällt ihnen leichter, sich zu öffnen, den Kopf auszuschalten und die Ekstase oder sogar Trance zuzulassen. Dabei sind sie viel mehr bei sich und in der Natur als bei einem gewöhnlichen Konzertbesuch.

Welche Musik hat Sie geprägt?

Mein Vater hörte zu Hause Simon & Garfunkel. Und was Mozart gemacht hat - da zieh' ich echt den Hut vor. Dass der es mit seinen Kompositionen schafft, dass Kühe mehr Milch geben! Im Grunde bin auch ich auf der Suche nach dieser Grundessenz der Musik: Ich will den Biorhythmus der Menschen treffen. Komponisten sind seit je von der Natur inspiriert - schließlich ist sie die wichtigste Erfahrungswelt des Menschen.

Trotzdem klingt Ihr musikalischer Anspruch eher nach einem philosophischen Problem als nach einem Kompositionsrezept...

Mittlerweile ist ja jede Frequenz, jede Harmonie schon gespielt. Da muss man schon auf andere Ebenen gehen. Mich interessiert die Frage: Wie wirkt die Musik? Wie macht sie uns glücklich oder traurig? Lange vor Erfindung der Sprache haben sich die Urmenschen über Töne verständigt. Traurigkeit etwa äußert sich in Halbschritt - Intervallen. Es gibt etwas Universelles in der Sprache der Musik. Das merke ich auch bei meinen Auftritten. Zwischen Südamerika, Japan und der Schweiz bestehen zwar Temperamentsunterschiede. Aber die Kommunikation über den Klang funktioniert weltweit. Musik kennt keine Grenzen, sie verbindet die Menschen. Im Techno gibt es eine Art der Globalisierung.

Was bedeutet für Sie Heimat?

Meine Heimat ist für mich noch immer der Westerwald. Hier fühle ich mich wohl und geborgen, nix stresst. Heimat heißt angekommen sein, verstanden werden, nichts vermissen. Deutschland ist ein wunderschönes Land mit einer unglaublich vielfältigen Landschaft, in der ich gerne Urlaub mache. Meine Inspiration sammle ich in der ganzen Welt. Da bin ich immer froh, wenn ich wieder nach Hause komme. Vor allem, wenn ich gerade die Slums von Sao Paulo gesehen habe oder die Mafia von Neapel gerade, während ich in einem Klub Platten auflegte, eine Messerstecherei angezettelt hat...

Wie finden Sie sich zwischen den Welten zurecht?

Die Natur erdet mich, Treffen mit Freunden zu Hause. Wenn ich zu einem Auftritt irgendwo eingeflogen werde und vor mehreren Tausend Leuten für einen Auftritt von Null auf Hundert gehen muss, steht dagegen die Arbeit im Studio, die eher introvertiert ist.

Was planen Sie in Zukunft?

Musik ist etwas äußerst Vergängliches, das werde ich sicher nicht mein Leben lang machen. Ich will mein Studium beenden, das gerade auf Eis liegt, mit der Natur im Einklang leben. Vielleicht zusammen mit Freunden auf einem Hof. Ich könnte mir vorstellen, in einem Nationalpark zu arbeiten, um den Menschen zu erklären, wie schön und schützenswert die Natur ist. Oder im Fernsehen "Löwenzahn" moderieren.

Artikel auf archiv.rhein-zeitung.de